Aktuell 30.01.2009 (Archiv)
Polizei ermittelt in Rollenspiel
Ein User verliert sieben Mio. an Spielgeld und virtuelle Gegenstände: Polizei ermittelt wegen möglichem Verbrechen im Online-Game. Was dann auch die Frage nach Steuern auf Online-Gewinne mit sich bringt...Die deutsche Polizei hat Ermittlungen
wegen eines Eigentumsdelikts aufgenommen. Dass es sich dabei um den
Diebstahl virtueller Güter in einem Online-Spiel handelt, macht die
Untersuchung zum Präzedenzfall. Einem Teilnehmer am
Internet-Fantasygame Metin2 kamen verschiedene
Ausrüstungsgegenstände seiner Spielfigur auf unerklärliche Weise
abhanden, worauf er Anzeige erstattete. Diese haben neben einem hohen
persönlichen auch einen materiellen Wert.
Gegen den Einsatz baren Geldes
in Höhe von über 1.000 Euro hat der Betroffene seinen Avatar mit
Upgrades wie Phönixschuhen, Siamesenmesser oder Himmelstränenarmbändern
ausgestattet. Darüber hinaus fehlen nunmehr satte sieben Mio. der
Spielgeldwährung Yang auf dem Account des geschädigten Users. Die
Polizei ermittelt nun im Cyberspace.
'Hierbei handelt es sich um einen neuen Rechtsbereich, der noch der
Klärung einiger Abgrenzungsfragen bedarf. Allerdings stellt der Fall vor
dem Gesetz per Definition keinen Diebstahl dar, da Diebstahl Güter
betrifft, die man greifen kann', heißt es vom BITKOM Bundesverband
Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien auf Anfrage
von pressetext. So definiert das Strafgesetzbuch Diebstahl als
'Entwendung einer fremden beweglichen Sache'. Dass es sich bei der
Aneignung fremder, nicht realer Gegenstände dennoch um ein Verbrechen
handelt, das strafrechtliche Konsequenzen haben kann, zeigen die
Ermittlungen des Fachkommissariats, das den potenziellen Täter wegen des
Ausspähens von Daten verfolgt.
Vonseiten der Behörden muss vorerst dennoch abgeklärt werden, ob es sich
bei dem Fall tatsächlich um ein Delikt, etwa durch einen Hacker verübt,
oder um eine Fehlfunktion des Gameservers handelt. Dem Opfer zufolge
wurde das Passwort, mit dem der Zugang zu dem Spieleraccount geschützt
sein sollte, nicht an Dritte weitergegeben.
Auf Anfrage beim Betreiber
des Online-Games wurde zudem mitgeteilt, dass jedoch auch keinerlei
technische Probleme aufgetreten seien. Glaubt man den Angaben, sind die
Untersuchungen der Polizei wohl durchaus gerechtfertigt. Haben diese
Erfolg, drohen dem Täter wegen Datenausspähung und -veränderung neben
Geldstrafen bis zu zwei Jahre Haft.
'Greifbare Werte oder nur Einsen und Nullen? Manch einer wird es als
Spinnerei abtun, doch für Mio. von Spielern sind diese Werte so greifbar
wie das Besteck in der Schublade', heißt es in einer Mitteilung der
Bochumer Polizei zu dem Fall. Ob es sich bei virtuellen Gütern um
greifbare Werte handelt ist auch Kern der Debatte um die mögliche
Besteuerung des Handels mit Online-Gegenständen. So erwägen etwa
US-Behörden die Einführung einer Steuer auf Transaktionen in virtuellen
Welten wie World of Warcraft oder Second Life. Einschlägige gesetzliche
Bestimmungen zielen bisher jedoch ausschließlich auf die Besteuerung
realer Gegenstände ab. Wie im Diebstahlsfall seien für die Einführung
einer derartigen Steuer daher nationale Gesetzesanpassungen als auch die
Erarbeitung internationaler Abkommen erforderlich.
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